Zumeldung des PhV BW zur Landespressekonferenz des Realschullehrerverbands am 24.06.2024

    • Die passende Schule für jedes Kind: Baden-Württemberg braucht seine bewährten Schularten, um allen Schülerinnen und Schülern gerecht zu werden!
    • Die G9-Umstellung darf nicht als billiger Vorwand genutzt werden, die differenzierten Schullaufbahnoptionen im Land zu demontieren.
    • PhV BW lehnt jeden Versuch ab, die Schularten gegeneinander auszuspielen!
    • Die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung hat eine Schwächung aller weiterführenden Schularten verursacht, nicht die fachliche oder pädagogische Arbeit der Kollegien.

    Die aktuelle Regierungskoalition will aus gutem Grund die langjährige Forderung, den baden-württembergischen Schülern wie in allen anderen westlichen Flächenbundesländern neun Jahre Lernzeit in einem innovativen allgemeinbildenden Gymnasium bis zum Abitur zu geben, ab dem Schuljahr 2025/26 erfüllen. Dies ist auch für die Chancengleichheit unserer Schülerinnen und Schüler dringend notwendig, da die Vergabe von Studienplätzen bundesweit erfolgt. Damit die Kinder auf die Schule gehen können, die zu ihrer aktuellen Leistungsfähigkeit am besten passt, müssen wir zurück zu einer aussagekräftigen Grundschulempfehlung. Warum diese nur für das Gymnasium gelten soll, nicht aber für die anderen weiterführenden Schularten, ist pädagogisch in einem mehrgliedrigen Schulsystem nicht begründbar. Nur wenn die politischen Überlegungen nicht vom Besten für das Kind, sondern von den Wünschen einer ideologisch ausgerichteten Klientel ausgehen, erklärt sich diese Taktik.

    Die Realschule ist nach dem Gymnasium die bei weitem am häufigsten gewählte Schulart mit 34% der Anmeldungen, die Gemeinschaftsschule hat mit 16% nicht einmal halb so viele, die Werkrealschule bleibt mit 6% Schlusslicht. Aber von der Realschule, deren Absolventen bei Industrie, Wirtschaft und Handwerk sehr begehrt sind, wird weiterhin verlangt, auch den Hauptschulabschluss zu ermöglichen, obwohl die Realschule eigentlich eine andere Methodik und Didaktik als die Hauptschule praktiziert. Und genau mit diesem möglichen Hauptschulabschluss als Argument begründet das Kultusministerium, dass eine Grundschulempfehlung für die Realschule nicht verbindlich sein kann. Den nichtgymnasialen Schülern in ihrer großen Diversität verwehrt man also weiterhin eine pädagogisch förderliche und ihrer spezifischen Lernfähigkeit angepasste Differenzierung. Selbstverständlich muss je nach Leistung der Wechsel von einer zur anderen Schulart möglich bleiben, damit die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, auf der für sie passenden Schulart Erfolge zu erleben.

    Weil die Schulstruktur jetzt vermeintlich (laut Regierung) durch die kommende Umstellung auf G9 „ins Rutschen gekommen“ sei, wird fleißig daran gearbeitet, Verwerfungen künstlich zu schüren, indem die Sek1-Schulen nun mehr oder weniger intensiv dazu gedrängt werden sollen, Verbünde miteinander einzugehen. Dies ist ein Weg, der absehbar zu einer größeren Vereinheitlichung der Sek1-Schulen führen muss, wie es in Baden-Württemberg mit der Gemeinschaftsschule seit 2012 ja schon mit wenig Erfolg versucht wird. Die Bildungsqualität in Baden-Württemberg ist seit den unrühmlichen Einschnitten stetig abgesunken, was Vergleiche wie PISA, IQB und VERA zeigen. Warum geht man trotzdem auf diesem Weg weiter? Rationale Gründe können es nicht sein.

    Martina Scherer, Stv. Landesvorsitzende des PhV BW, appelliert: „Alle Versuche, unsere Schularten gegeneinander auszuspielen, sind unangebracht und schaden unseren Kindern. Jede Schulart hat ihre ganz spezifische Aufgabe.“ Karin Fetzner, ebenfalls Stv. Landesvorsitzende, ergänzt: „In Baden-Württemberg gilt: Kein Abschluss ohne Anschluss! Berufliche und akademische Bildungswege, duale Ausbildung und Studium – alle miteinander sind für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen wichtig und für unser Land notwendig. Lassen wir uns nicht auseinanderdividieren!“


    An den Gymnasien des Landes Baden-Württemberg werden knapp 300.000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Der Philologenverband Baden-Württemberg e.V. (PhV BW) vertritt mit über 9.000 im Verband organisierten Mitgliedern die Interessen der Lehrerinnen und Lehrer an den öffentlichen und privaten Gymnasien des Landes.
    Im gymnasialen Bereich hat der Philologenverband BW sowohl im Hauptpersonalrat beim Kultusministerium als auch in allen vier Bezirkspersonalräten bei den Regierungspräsidien die Mehrheit und setzt sich dort für die Interessen der ca. 26.500 Lehrkräfte an den Gymnasien des Landes ein.

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