Resilienz für die Schule

    Wie entspannen Lehrkräfte am besten, Professor Dr. Esch?

    von Karolina Pajdak

    Berlin – Er ist Deutschlands bekanntester Glücksforscher weiß, wie Zufriedenheit entsteht und was jeder selbst dafür tun kann. Im Interview mit PROFIL erklärt der Neurowissenschaftler Prof. Dr. Tobias Esch (53) von der Universität Witten/Herdecke, was der Begriff Resilienz bedeutet und wie Lehrkräfte nach der Schule am besten entspannen können.

    PROFIL: Professor Esch, Resilienz ist DAS Trendwort inzwischen. Was bedeutet das eigentlich?

    Neurowissenschaftler Prof. Dr. Tobias Esch (53) forscht über Lebenszufriedenheit und Gesundheit und entwickelt Präventions- und Stressmanagementkonzepte. Credit: Lukas Schulze

    Professor Tobias Esch: Resilienz ist ein absolutes Buzzword geworden, bei dem manchmal die Fachlichkeit verloren geht. Resilire heißt zurückspringen und bezieht sich eigentlich nur auf eine bestimmte Komponente der Widerstandsfähigkeit. Es geht um die Fähigkeit, wie ein elastischer Punchingball zurückzuweichen und wieder in die Ausgangsposition zurückzukehren. Ein anderer Teil der Widerstandsfähigkeit ist aber auch die Robustheit, eine gewisse Stärke, die wir brauchen. Beides alleine ist auf Dauer wenig wert, es gehört unbedingt zusammen.

    PROFIL: Wie werden wir also elastischer und robuster?

    Esch: Das können wir trainieren. Etwa, wenn Sie Situationen, die auftreten, nicht immer automatisch als negativ wahrnehmen, sondern sich stattdessen aktiv fragen, ob diese Situation wirklich nur negativ ist oder ob sie auch eine positive Komponente hat. Kann ich daraus vielleicht etwas lernen? So können wir uns auch zum Beispiel in Dankbarkeit üben. Also jeden Tag beispielsweise einen Moment festlegen, in dem wir bewusst wahrnehmen, wofür wir an diesem Tag dankbar sein können. Jeden Abend aufzählen, was es am Tag Neues und Gutes gab. Malen Sie sich Ihr soziales Netz auf: Wer unterstützt mich jeden Tag?

    PROFIL: Das wäre etwas für den Kopf. Und der Körper?

    Esch: Fünfmal in der Woche mindestens jeweils 30 Minuten Sport machen, Entspannungsübungen dazunehmen, die eine innere Einkehr ermöglichen – Yoga zum Beispiel. Wichtig ist auch eine gesunde Ernährung, Mittelmeerkost, und bewusstes Essen, wie es zum Beispiel das Intervallfasten ermöglicht.

    PROFIL: Intervallfasten macht glücklich?

    Esch: Bewusste Nahrungsaufnahme – wir empfehlen einen Mittelweg: 12 Stunden essen und 12 Stunden nicht essen – lässt Sinnlichkeit entstehen. Genussvolles Essen macht glücklich. Das ist eine wichtige Komponente dafür, den Körper zu entstressen und das wiederum gehört zu Resilienz – alles wegzunehmen, was aktuell nicht wichtig ist.

    PROFIL: Was können Lehrerinnen und Lehrer tun, die gestresst aus der Schule kommen?

    Esch: Schaffen Sie einen bewussten Übergang von der Arbeit ins Private und zelebrieren Sie den. Sie können zum Beispiel eine kurze Meditationsübung machen oder Sie kochen sich einen Tee und schreiben 10 Minuten in Ihr Tagebuch oder auf ein leeres Blatt Papier – was Sie schreiben, ist im Prinzip egal, es kommt darauf an, dass Sie aktiv etwas durch das Schreiben „loslassen“. Wenn jemand zu Hause auf Sie wartet, dann sprechen Sie 7 Minuten das aus, was gerade im Kopf ist. Der andere schenkt das Zuhören für diese komplette Zeit. Keine Nachfragen. Oder essen Sie ganz bewusst einen Keks oder ein Stück Schokolade und zelebrieren Sie das – genießen Sie!

    PROFIL: Kann man sich nicht auch einfach vor den Fernseher setzen?

    Esch: Nein, kann man nicht. Abschalten ist schon gut – aber ich sehe im Fernsehen oft Dinge, die mich aufregen oder ansprechen. Dann lieber nochmal aufraffen und rausgehen, um sich dort am besten gemeinsam mit anderen zu bewegen. Wir haben es überprüft: sich gemeinsam draußen zu bewegen, ist besser!

    Das neue Buch von Prof. Dr. Tobias Esch „Wofür stehen Sie morgens auf? Warum Sinn und Bedeutung entscheidend für unsere Gesundheit sind“ ist im November 2023 bei Gräfe und Unzer München erschienen. Das gebundene Buch hat 240 Seiten und kostet 24,00 €. 

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